Dienstag, 15. November 2011

Einfach essen - einfach essen. Oder: Warum eine "bloede Kuh" manchmal gar nicht so bloed ist!!

Boese Zungen behaupten, in Argentinien gaebe es viele, viele Rindvieher.

Das stimmt auch!

Geneuaer gesagt sind es schaetzungsweise 50 bis 60 Millionen. Die sind natuerlich nicht alle fuer den Export bestimmt. Weil es so viele sind und die Rinderzucht nicht gerade sehr kosten- itensiv ist, ist Rindfleisch sehr billig und sprichwoertlich in aller Munde.
Dafuer ist Schweinefleisch sehr teuer. Also genau ungekehrt wie in Deutschland.

Rindfleisch ist somit ein eher einfaches Essen. Wenn man(n) Hunger hat, kauft man(n) sich in der carniceria (woertl. Fleischerei) um die Ecke einfach ein bisschen tote Kuh und schon kann das Schlemmen losgehn.
 

Die Zubereitung von Speisen ist in manchen Faellen eine Kunst fuer sich. Besonders die Aus- wahl der Zutaten, vor allem der Gewuerze, soll schon in so mancher Kueche fuer Diskussionen gesorgt haben.
Das argentinische Kotelett zum Beispiel ist diesbezueglich sehr genuegsam. Mit etwas Salz und Pfeffer verwoehnt, ist es schon zufrieden.
 

Dann kommt das wichtigste: Immer schoen warm halten!! So wie auf diesem Bild. Das mag das argentinische Kotelett besonders gerne. Ist es ja schliesslich von seinem Entstehungsort her gewohnt!

Natuerlich isst man(n) so ein saftiges Stueckchen nicht alleine. Ein paar einheimische Knollenwurzelgewaechse, umgamgssprachlich auch als papas (Kartoffeln) bezeichnet, gesellen sich immer gerne dazu.


Da man(n) diese allerdings nicht roh verspeisen sollte, ist es von Noeten, selbige in siedendem Fett durchzugarren. Praktischer Weise schneidet man(n) die Kartoffel in kleine, mundtaugliche Portionen. So verkuerzt sich die Zeit des Wartens beim Garren und als Nebeneffekt erhalten die Kartoffelstueckchen einen schoenen braunen Teint. Und knusprig werden sie auch. Als zweiter Nebeneffekt.

So - jetzt ist das einfache argentinische Essen eigentlich schon fertig. Fehlt nur noch die gediegene Anordnung auf dem Teller. Hier ein gelungenes Beispiel:

Wie auf dem Bild deutlich zu sehen ist, sollte ein einheimisches Getraenk nicht fehlen. In diesem Fall hat sich der fotografierende Esser fuer einen Trauebensaft, der zur besseren Lagerung gezielt vergoren wurde, entschieden. Bei diesem edlen Tropfen handelt es sich um einen 2009er Malbeck aus dem Gebiet um Mendoza,  das Weinanbaugebiet Argentiniens schlechthin.

Tja und am Ende bleibt dann nicht mehr viel uebrig ...


Wie gesagt: es ist ein relativ einfaches Essen, dass man(n) einfach so zwischendurch essen kann. Hier in Argentinien ist es so beliebt wie in Deutschland die Pasta unter Studenten.



Fazit: Éinfach essen - einfach éssen!!


¡Buen provecho!  -  Guten Appetit!

Freitag, 4. November 2011

Mal was Religioeses: Warum manch Argentinier mehr als nur eine Leiche im Keller hat. Bestattungskultur in Argentinien

Der November hat in meinem Kulturkreis den inoffiziellen Beinamen „Totenmonat“. Allein schon wegen der beiden Feste Allerheiligen und Allerseelen, die wir am Monatsanfang begehen. Bei uns in Bayern ist es alter Brauch, am 1. November das Grab/die Graeber unserer Verstorbener aufzusuchen, kurz inne zu halten und ihrer zu gedenken.

In Argentinien kennt man derartige Braeuche nicht. Allerheiligen und Allerseelen sind ganz normale Arbeitstage und ginge man nicht in den Gottesdienst, man wuerde diese Tage einfach „ueber-leben“.

Ich moechte diese Tage zum Anlass nehmen und einen kleinen Bericht ueber die Begraebnisgepflogen-heiten hier in Buenos Aires praesentieren.

Wie ihr vielleicht schon wisst, ist Mittwoch mein freier Tag, den ich bis auf weiteres im Zentrum der Stadt verbringe.
Die Stadt Buenos Aires besteht aus vielen Stadtvierteln, die ihren je eigenen Charm haben. Vor ein paar Wochen war ich in Recoleta, dem Viertel der stinkreichen Argentiner. Eine, wenn nicht sogar DIE touristische Attraktion ist der Friedhof, der Cementario de la Recoleta.

Der Cementario de la Recoleta ist die Negropole der Reichen. Staatspraesidenten, Seehelden und Angehoerige der Oberschicht ruhen hier so praechtig wie sie einst lebten. Knapp 7000 Mausoleen, nicht wenige von namhaften Kuenstlern geschaffen, stehen dicht an dicht auf einem ca. 5,5 ha grossen Areal. Etwa 4700 Gruften soll es hier geben.

Eine davon gehoert der ehemaligen Grossgrundbesitzerfamilie Duarte. In ihr liegt auch eine (uneheliche) Tochter begraben: María Eva Duarte Ibarguren, besser bekannt als Evita Perón.

Ruhestaette von Evita Perón (* 07.05.1919; + 26.07.1952).
Ihr Leben hat als Aschenputtel in der Provinz begonnen. Anfang des Jahres 1944 lernt sie Juan Domingo Perón kennen und weicht von da an nicht mehr von seiner Seite. Perón ist zu diesem Zeitpunkt schon ein „gemachter Mann“. 1945 wird er schliesslich Staatspraesident und Evita die primera dama des Landes. Ihr soziales Engagement, besonders gegenueber den descamisados, den „Hemdlosen“, verschafft ihr eine vorher nie gekannte Popularitaet. Noch heute, ueber ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod, gilt sie als „Heilige der Hemdlosen“. Nicht zu vergessen ihr Engagement fuer die Rechte der Frauen!

Doch Evita hat auch Feinde. Die Oberschicht hasst sie, denn sie – diese uneheliche Landpomeranze – hat Argentinien einen arbeiterfreundlichen, sozial eingestellten Praesidenten beschert. So manch einer wird ihren krebsbedingten Tod 1952 gefeiert haben.

Evitas Leichnam wird zunaechst einbalsamiert und ausgestellt (wie Lenin in Moskau!). 
Schriftzug ueber dem Eingang
Dann geht er auf eine skurrile Reise um die halbe Welt, uebrigens auch in die Argentinische Botschaft (damals noch in Bonn). Ihre Reise dauert 16 Jahre, fast viermal laenger als ihr oeffentliches Leben als Gattin Peróns.
Zwischendurch wird der Sarg gekidnappt, auf einem Friedhof in Mailand zwischengelagert und von einem Friedhofswaechter im eigenen Haus versteckt, der darueber aus Versehen seine Ehefrau erschossen haben soll. Schliesslich wird Evita unter falschen Namen (in Mailand) beerdigt. 1971 taucht Evitas Leichnam wieder auf und ruht heute, durch Panzerstahlplatten vor Raubgrabungen geschuetzt, im besagten Familiengrab der Duarte auf dem Recoleta-Friedhof im feinen Norden von Buenos Aires, Planquadrat 3 B.

Da solche Gruefte nicht nur fuer eine Person, sondern fuer eine ganze Familie bestimmt sind, braucht man natuerlich dementsprechend Platz. Das bedeutet, dass es im wahrsten Sinne nach unten geht - sozusagen in den Keller. Auf dem folgenden Bild habe ich zwei besonders geeignete Beispiele ausgesucht.

Zwei besondere Beispiele.
Oben - das ist das normale Strassenniveau - ist der Eingang. Dieser ist mit einer mehr oder weniger blickdichten Tuere versehn. Fuer meine Fotos habe ich welche mit Glastuere gefunden. Die linken zwei Fotos zeigen eine Gruft mit geraeumiger Kapelle (das ist eher die Ausnahme!). Irgendwie muessen aber die Saerge der Verstorbenen nach unten. Dafuer gibt es entweder ein Loch im Boden, eine Treppe oder - wie hier - beides.
Die rechten beiden Fotos zeigen eine etwas engere Ausgabe. Oben stehen zwei (Schmuck)Saerge, in denen vermutlich die "Gruftgruender" ruhen. der Rest der Familie ruht buchstaeblich darunter. Wie auf dem ganz rechten Foto zu erkennen ist, wurden bereits vier weitere Familienmitglieder bestattet.  Und gegenueber (auf dem Foto nicht zu sehen) ist noch Platz ...



Natuerlich kennt man in Argentinien auch die Kremierung. Und wenn es mal wirklich zu eng wird und kein Platz mehr ist, kann man die verbliebenen Knochen seiner Vorfahren auch umbetten. Und einfach mal die halbe Verwandtschaft in die dunkle Ecke stellen - so wie auf diesem Foto!!


Auch das gehoert mit zum Gesamtbild: Zum Teil aufwendige Bauten, an denen der Zahn der Zeit nagt!
Zwischendrin finden sich gelegentlich aber auch Gruftanlagen, die nicht mehr gepflegt werden. Das kann daran liegen, dass eine Familie ausgestorben ist und keine Erben mehr da sind, die sich um die Gruft kuemmern. Oder die Hinterbliebenen sind schlicht verarmt und/oder koennen es sich nicht leisten, solche monumentalen Bauten zu pflegen. Da die Grundstuecke jedoch Familieneigentum sind (und nicht wie bei uns auf Zeit gekauft werden), wechselt der Besitzer nicht turnusmaessig; es verfallen die Gebaude und die Natur nimmt von ihnen Besitz. Es kommt selten vor, dass eine Gruft gaenzlich aufgegeben wird.
Detailreich verzierter Schmucksarg
Inzwischen ist der Platz auf dem Friedhof rar geworden, da er heute mitten in der Stadt liegt und daher nicht mehr erweitert werden kann. Umso begehrter sind deshalb frei werdende Plaetze.
Meinen Recherchen zufolge kann eine Gruft schon mal bis zu 150.000 US$ kosten. Es sei denn, man hat das unbeschreibliche Glueck, beim argentinischen ebay-Ableger eine fuer 28.500 US$ zu ersteigern – fuer Recoletaverhaeltnisse geradezu ein Schnaeppchen!


Samstag, 22. Oktober 2011

Was machst du eigentlich?

Diese Frage wird mir in letzter Zeit sehr oft gestellt - in einigen Mails und vor allem ueber die Kontakte in facebook. Zurecht, liebe Freunde und Unterstuetzer - habe ich doch den Blog in letzter Zeit etwas vernachlaessigt.
Ich moechte versuchen, die Dunkelheit in einigen Zeilen zu erhellen!

Ich bin nun, nach meinem dreiwoechigen Spanisch-Crashkurs in Asunción/Paraguay, seit etwa fuenf Wochen an meinem eigentlichen Einsatzort: Die Provinz Buenos Aires (die direkt an der Stadt Buenos Aires dranhaengt!). Geographisch gesehen ist das kein Unterschied. Lediglich eine groessere Strasse grenzt die Stadt von der Provinz ab. Und doch sind es zwei Welten.
Zum einen fuer die Porteños, die "Hafenarbeiter", wie die in der Stadt geborenen Einwohner heissen, zum andern aber fuer die Bevoelkerung, die weit weg von Capital Federal, wie das Zentrum hier genannt wird, wohnen.

Das Nest, in dem ich wohne, heisst umgangssprachlich schlicht 35 (treinta y cinco), weil es am 35sten Kilometer der Staatsstrasse Nr. 3 liegt. Es ist ein eher aermliches Viertel. Befestigt und/oder geteert sind hier nur die Hauptstrassen, alles andere ist pure Erde - so wie Gott sie einst schuf. Das bedeutet, dass es hier ueberall staubt, zumindest solange es trocken ist. Und wenn es regnet wird es ziemlich schlammig. Da ist dann aeusserste Vorsicht geboten, denn ehe man sich versieht, rutscht man aus, dreht eine unfreiwillige Pirouette und landet mitten im Schlamm.
Ob der Armut hier kann jeder alles irgendwie (ge)brauchen. Wenn nicht fuer sich selbst, dann entweder zum Tausch oder zum Versilbern. Daher wird geklaut, was nach Einbruch der Dunkelheit nicht festgeschraubt oder angekettet ist. Wir muessen hier das Gelaende jeden Abend regelrecht verriegeln und verschiessen. Und das Licht einschalten. Licht ist offb. die beste Waffe gegen Einbrecher. Unser Grundstueck sieht nachts aus wie ein kleines Fussballstadion: hell erleuchtet bis ins letzte Eck. Ausserdem haben wir Wachpersonal: zwei Hunde (andere haben drei oder vier oder mehr - je nach Groesse des Grundstuecks), mit denen ich mich bestens verstehe.

Ich wohne, arbeite und lebe mit auf der Refugio San Eugenio. Das ist eine Einrichtung der Oblati Mariae Immaculatae (OMI). Der Chef hier ist P. Sergio. Im Haushalt leben neben uns zweien noch zwei Seminaristen mit und im Nachbarhaus noch zwei Jugendliche.
Die OMI haben sich - wie die Salesianer Don Boscos (!) - der Jugendarbeit verschrieben. Wir sind hier im Viertel die einzigen, die ein bisschen Jugendarbeit machen. V. a. der Fussballplatz erfreut sich grosser Beliebtheit. Bei uns geht hauptsaechlich am Wochenende die Post ab. Hoehepunkt ist natuerlich der Sonntag. 40 Jugendliche bzw. junge Erwachsene (12 - 20 J.), zu besonderen Anlaessen auch mehr, besuchen uns.
Es gibt ein breites Angebot: Malkurs, Schlagzeugunterricht, ... und Fussball. Gegen 17 h enden alle Kurse und Aktivitaeten und es gibt etwas Suesses (z. B. Kuchen oder Kekse) und Kakao oder Jugo (Saftschorle).
Ganz links der Koch, ganz rechts Regina (ehem. MaZ) und einige Jugendl.
Wer vormittags schon kommt, bekommt natuerlich auch ein Mittagessen.
Oft besuchen uns/mich die Kleineren auch unter der Woche. Mal haben sie Langeweile und wir spielen etwas, mal haben sie Hunger und wir essen etwas.
Ziel der Refugio (span., Zuflucht) ist, den Kindern eine Anlaufstelle zu bieten. Hier finden sie immer eine offene Tuer und einen Ansprechpartner. Die meisten kommen schlicht aus Langeweile, andere wollen hier in Ruhe lernen (was zu Hause ggf. nicht moeglich ist) oder haben ein Problem und wir versuchen zu helfen (ein neuer/warmer Pullover oder oder oder ...). Fuer viele ist P. Sergio so etwas wie ein (zweiter) Vater. Eines seiner Hauptanliegen lautet: "Solange die Kinder hier sind, sind sie nicht auf der Strasse!"
Strasse ist in diesem Fall ein Sammelbegriff fuer Gewalt, Armut, Drogen oder Kriminalitaet in allen Facetten.

Meine Aufgabe ist es, zunaechst einfach mal da zu sein. Wenn Kinder in die Refugio kommen, beschaeftige ich mich mit ihnen. Manchmal haben sie selbst Spielsachen dabei und wir spielen gemeinsam. Oder sie sind eine kleine Gruppe, haben aber keinen Fuss- oder Basketball, dann bekommen sie von mir einen - logo!

Nach erfolgreichem Spiel ...
Gelegentlich muss ich beim Fussball ins Tor, denn wenn drei gegen drei spielen kann logischerweise keiner ins Tor gehen. Sonst waere eine Mannschaft unkomplett. Also Rueckgriff auf Matthias...

Mittlerweile habe ich mir so ein "Kauderwelschspanisch" zugelegt, mit dem ich so halbwegs durchkomme. Ich kann schon allein Busfahren und dabei dem Busfahrer sagen, wo ich hin will. Von perfektem (lateinamerikanischen!!) Spanisch bin ich aber noch weiter entfernt als der TSV 1860 von der Ersten Liga ... Aber meine Umgebung nimmt viel Ruecksicht auf mich und spricht langsam und deutlich. Selbst die Kinder nehmen Ruecksicht auf "den Deutschen", der ´s halt noch nicht so gut kann.
Tja - muehsam ernaehrt sich das Eichhoernchen ...

Freitag, 9. September 2011

Ein Rueckblick auf meine Zeit in Paraguay

Jetzt sind es drei Wochen, dass ich von zu Hause aufgebrochen und nach Suedamerika gekommen bin und drei volle Wochen in der Sprachenschule Idipar (www.idipar.edu.py). Da hat sich allerhand ereignet und auch manches eingespielt.
Anbei ein kurzer Rueckblick.

Als ich am Feitag hier ankam (Details siehe erster Bericht!) konnte ich mich mit meinen Gasteltern mehr oder weniger nur mit „Si – No – Gracias“ und jede Menge Hand-und-Fuss-Bewegungen unterhalten. Mitlerweile stopsle ich mich so durch den Tag. Nicht nur, dass mir (im wahrsten Sinne) die Worte fehlen – auch die Grammatik ist nicht gerade kompartibel mit der des Bairischen. Zudem musste ich bald feststellen, dass mein „Langenscheidt Spanisch“, den ich mir am Abreisevormittag noch gegoennt habe, nicht gerade der Beste ist. Eine umfangreichere Ausgabe waere um einiges hilfreicher. Ganz offensichtlich habe ich an der falschen Stelle geknausert....

Mittlerweile ist so etwas wie Normalitaet eingekehrt. Ich habe mich fast schon an die nichtdeutschen, umlautlosen Tastaturen gewohnt. Auch das Busfahren ist inzwischen Routine. Die Tage indess atmen Regelmaessigkeit. Gewoehnlich werde ich um fuenf Uhr morgens wach. Meist doese ich so vor mich hin, manchmal schlafe ich wieder ein. Scheinbar hat sich mein koerpereigener Biowecker immer noch nicht umgestellt!?! Spaetestens um viertel nach sechs stehe ich, gelgentlich unterstuetzt durch meinen batteriebetriebenen Wecker, auf. Um halb sieben sitze ich am Fruehstueckstisch. Wenn ich schnell genug bin, erwische ich den Colectivo um kurz vor sieben.
Prof. Rosa, Samy, Philipp und ich
Von acht bis zwoelf Uhr sitze ich in der Sprachschule. Um halb eins kommt der Colectivo und bringt mich wieder Heim. Dort komme ich so gegen halb zwei an und esse, oft mit einem Baerenhunger, zu Mittag. Darauf folgt eine mal mehr mal weniger intensive Siesta. Ab drei oder halb vier sitze ich an meinem Arbeitstisch.


Mein Nachmittags-Kaffee-Tisch
Um fuenf gibt es dann Kaffee mit meiner Gastmama. Fuenf Uhr ist auch die Zeit, zu der es hier in Paraguay langsam wieder dunkel wird. An warmen bzw. heissen Tagen bedeutet das, dass die Hitze weicht und man sich schlichtweg wieder aus dem Zimmer oder dem Haus wagen kann. Langsam beginnt nun das Nachtleben...

Nicht aber fuer mich. Nach dem Kaffee sitze ich wieder an meiner Arbeit. Je nach dem wie mein Gastpapa von der Arbeit kommt, er ist Selbstaendig und hat daher selbstaengige Arbeitszeiten, gibt es zwischen sieben und neun Uhr Abendessen. Oder besser: Nachtessen.

Abenddaemmerung. Es ist ca. 17.15 Uhr
Manchmal schaue ich anschliessend noch kurz ins Internet oder gehe gleich ins Bett. Bettruhe ist bei mir meist ab zehn Uhr. Schliesslich ist die Nacht um fuenf wieder vorbei.....

Das Wetter hat die vergangenen drei Woche alles geboten, was (ausser Schnee) moeglich ist. Nach einem kalten, windigen Ankunftswochenende und einem regnerischen ersten Schultag hatten wir oft weit ueber 25 Grad. Am vergangenen Sonntag hatten wir sehr schwuele 36 Grad. Von morgens bis abends nuuuuuur Sonne. In der Nacht dann kuehlen Wind und am Montagmorgen 16 Grad. Mal schlafe ich mit meinem Fleece-Schlafsack und zwei Decken darueber, mal nur mit einem Leintuch und einer leichten Tagesdecke. Man(n) muss halt flexibel sein.
In der Regel hat es hier tagsueber einen Temperaturunterschied von zehn Grad. Morgens gehe ich beispielsweise bei 17 Grad aus dem Haus, mittags hat es 26 bis 28 Grad. Dank des Windes sind die gefuehlten Temperaturen allerdings weitaus niedriger. Noch schwitze ich relativ wenig.

Einmal die Woche goenne ich mir einen Stadttag. Das bedeutet, ich fahre nach der Schule in die Stadt, schaue mir dort drei oder vier Stunden etwas an (Kirchen, Museen, etc.) und komme erst zum Kaffee oder bei Einbruch der Dunkelheit wieder nach Hause.
Gelegentlich versuche ich, Geld abzuheben. Das ist gar nicht so einfach.
So handlich koenne 2 Mio. sein ...
Hier in Paraguay werden so viele (Kredit-)Karten gestohlen, dass die Banken die Abhebesumme auf 600.000 Guaraníes beschraenkt haben. Das bedeutet, man bekommt pro Karte und pro Tag nur knapp 100 Euro. Es gibt Banken, die geben auf Kreditkarten bis zu 1,5 Mio Guaraníes, verlangen aber 25.000 Guaraníes (= 5 Euro) Aufpreis.
Wenn man nun groessere Summen braucht (z. B. 4 Mio. fuer Sprachschule und Gastfamilie), wird es echt interessant und/oder teuer.

Diese Woche ist meine letzte in Asunción/Paraguay. Langsam machen sich Abschiedsgedanken breit und die Weiterreise nach Buenos Aires/Argentinien will vorbereitet werden: Buss reservieren, Geld organisieren, ...

Mal sehn, was wird ...

Sonntag, 4. September 2011

El Colectivo oder: Busfahren paraguayanisch

Wie in meinem ersten Bericht schon kurz erwaehnt, muss ich auf das Thema Busfahren eigens eingehen. Es wuerde sonst jeden Blog-Eintrag sprengen. Hier nun meine bescheidenen Eindruecke!

Um in meine Sprachschule zu kommen, muss ich taeglich etwa 45 Min. mit dem Bus fahren und dann nochmal 8 oder 10 Min. zu Fuss um zwei Hausecken. Heim natuerlich das gleiche, nur in umgekehrter Reihenfolge.

Das Busfahren hier ist etwas ganz besonderes und mit unserem ausgefeilten Linien- und Abfahrtsplansystem in Deutschland kaum zu vergleichen.
Die Busse hier heissen schlicht „(El) Colectivo“ und bedeutet Sammelbus oder woertlich „(der) Sammler“. Und genau so funktioniert es auch.
Busplan gibt es eigentlich keinen, doch die Einheimischen wissen in der Regel genau, welcher Bus wo faehrt. Die Abfahrtszeiten (geschrieben gibt es sie nicht) sind Erfahrungswerte. Mein Bus an meiner Ecke z. B. faehrt taeglich kurz vor sieben vorbei. Mal kommt er um fuenfvor, mal um zehnvor. Einmal kommt er erst nach sieben und neulich kam er gar nicht. Es kann auch sein, dass er kommt und schon so voll ist, dass der letzte Gast eher wie ein Trittbrettfahrer aussen dranhaengt. Dann wartet man halt auf den naechsten. Der kommt eine halbe Stunde spaeter. Ungefaehr.

Die Busse selbst sind eine Schau. Was hier tagtaeglich von morgens bis abends im Einsatz ist, kennen wir Deutsche entweder aus dem Fahrzeugmuseum oder als Holz(model)bausatz fuer die Kinder. Alle moeglichen Modelle, zu 95 % Marke Mercedes, sind vertreten. Die Busse jeder Linie haben eine charakteristische Farbe. Meiner ist Linie 16 und ueberwiegend rot. Das heisse aber nicht, dass nicht noch andere Farben verwendet werden; eine ist halt dominant. Meine Linie 16 ist so zu sagen rot-bunt.
Der Zustand der Busse ist am Besten mit „funktional“ zu beschreiben. Ein Sitz (Modell „Gartenstuhl“ der 70er Jahre) fuer den Fahrer, Plastikhartschalensitze fuer die Gaeste (neuere haben auch Kunstledersitze!), unterm Dach links und rechts ein bis zwei Haltestangen fuer diejenigen, die stehen muessen. Der Boden ist meist aus pflegeleichtem Metall, die ganz alten Modelle haben sogar Vollholzboeden.
Blick ins Innere.
Am Colectivo selbst muss nicht viel funktionieren: Lenkung, Hupe, Gas und Bremse, Druckluftgenerator fuer die Hintertuer. Alles andere waere Luxus. Ist ein Fenster oder dessen Halterung kaputt, wird es kurzerhand zu- bzw. angeschweisst – Problem erledigt.

Der Preis betraegt einheitlich 2300 Guaranies, das sind etwas ueber 40 Cent.
Haltestellen gibt es fast keine. Man(n) braucht sie auch nicht. Da die Fahrstrecken ohnehin bekannt sind, stellt man sich einfach an den entsprechenden Strassenrand. Kommt der Bus, hebt man die Hand und winkt so den Colectivo herbei. Der haelt dann, man steigt ein, bezahlt und fertig.
Tageskarten oder aehnliches gibt es nicht. Immer wenn man in einen Colectivo einsteigt, bezahlt man. Dafuer kann man mitfahren so lange man moechte. Auch Rundfahrten bzw. Schleifen.
Hier ein "neueres" Modell.
Will man schliesslich doch aussteigen, gibt man entweder vorne am Ausstieg dem Busfahrer Bescheid oder klingelt (hinten). Dazu gibt es entweder einen Knopf ueber der Hintertuere oder eine Schnur, die einmal durch den Bus zum Fahrer fuehrt. Dort ist dann irgendwo die Klingel. Der Busfahrer haelt dann bei der naechstbesten Moeglichkeit. Das heisst schlichtweg, er legt nahezu eine Vollbremsung hin und, waehrend der Busfahrer den Fuss von der Bremse aufs Gaspedal hebt, springt man einfach raus. Dabei versucht man instinktiv, auf den Beinen zu landen. Nur bei Opis und Schickimickitanten bleibt er stehen, bis selbige mit beiden Beinen ausgestiegen sind.
Die Hintertuer. Einfach, massiv, funktional.
Als Fahrgaeste gesellen sich nahezu alle Gesellschaftsschichten zusammen: Da sind die Schueler aus den einfachen und gehobenen Schulen, die Studenten, die Hausfrauen, die gerade vom Einkauf kommen, die Angestellten, die ins Buero muessen, die Handwerker auf dem Weg zur Werkstatt oder zur Baustelle. Von der Schuluniform ueber Nadelstreifenanzug und Schickimickikostuemchen bis zu Schuerze und Latzhose – alles faehrt Colectivo.

Die Busfahrer werden offensichtlich nach gefahrenen Runden bezahlt. So versuchen sie logischerweise, moeglichst viele Runden zu schaffen. Dementsprechend ist auch der Fahrstil: Eine staendige Abfolge von Beschleunigung und Bremsen. Staendig ist man damit beschaeftigt, den Koerper im Gleichgewicht zu halten. Zimperlich darf hier keiner sein! Viele Strassen hier in Asuncion haben zur Verkehrsberuhigung stattliche Bodenwellen. Da muss der Fahrer erst mal scharf bremsen, um dann sofort wieder Gas zu geben. Sitzt man auf der letzten Bank, kann es (je nach Busmodel) schon mal passieren, dass man regelrecht ausgehoben wird. Es ist wie eine Fahrt in einer alten Achterbahn (fuer Bayern: wie im „Hupferl“). Nur ohne Ueberschlag. Und das taeglich zwei Mal. Fuer 40 Cent.

Mittwoch, 31. August 2011

Am Ende wird es immer stressig - Ankunft in Paraguay

Am Donnerstag, 29.08.11, bin ich nach erstaunlich gut durchschlafener Nacht (noch) relativ ruhig aufgestanden. In der Stadt habe ich restliche Besorgungen erledigt (Reisefuehrer, Apotheke, usw.).
Um Punkt 12 Uhr gabs von Mama den letzten Schweinebraten, so zu sagen als kulinarisches Abschiedsgeschenk. Davor und danach habe ich Umzugskisten ausgepackt, da ich ja erst am Montag endgueltig von Benediktbeuern nach Landshut zurueckgezogen bin. Nach dem obligatorischen 15-Uhr-Familienkaffee ging es aber dann doch zur Sache: Packen. Fuer ein Jahr!

Meine Reiseapotheke

Schnell war klar, dass ich mit EINEM Gepaeckstueck nicht auskomme. Dann also zwei. Die Lufthansa wird sich freuen. Es folgt ein schier nicht enden wollendes hin und her von Packen, Wiegen, Umpacken und wieder Wiegen.
Inzwischen hat meine Mutter via Verkehrsfunk erfahren, dass die Autobahn (kaum zwei km vor unserer Haustuere gelegen) aufgrund eines Verkehrsunfalls total gesperrt ist. Wir muessen also grossraumig umfahren. Auch das noch! Jetzt pressierts!!
Gegen halb sieben abends habe ich es zu meinem eigenen Erstaunen geschafft, all das, was ich meine fuer ein Jahr in Argentinien zu brauchen, in meinem Koffer, meinem grossen Tourenrucksack und im Handgepaeck zu verstauen. Erstaunt ueber mich selber und als letzen hoheitlichen Akt gehe ich duschen und wir fahren zum Flughafen.

Das einchecken ist relativ kurzweilig. Mein zweites Gepaeckstueck kostet satte 50 Euro. Es folgt das obligatorische Abschiedsfoto am Flughafen und die unvermeidliche Verabschiedung. Meine Familie geht zurueck zum Auto, ich mit sehr gemischten Gefuehlen durch die Scherheitskontrolle. Da die Schlange der Wartenden nicht sehr lange ist, holt mich die deutsche Verwaltung bzw. Buerokratie ziemlich schnell wieder auch meinem Gefuehlschaos: mein Gastgeschenk (eine Packung Spuelmaschinensalz fuer die Leiter der Sprachschule in Asunción) wird beanstandet und kurzer Hand kassiert. Da ist nix zu machen, auch nicht mit Unschuldsmiene und Dackelblick. Dafuer ist mein Handgepaeck jetzt 1,2 kg leichter.

Ich gehe Richtung Gate und tauche dabei ein in die Welt hinter der Sicherheitsschranke: ein Gewimmel aus Hektik und Duty Free!! Zunaechst gehe ich noch etwas umher, sammle diverse kostenlose Zeitungen als Lesestoff waehrend des Fluges.
Da ich Zeit habe, goenne ich mir ein letztes Weissbier. Prompt taucht auch mein „Missionar auf Zeit (MaZ)-Kollege“ Philipp auf. Gemeinsam gehen wir an Bord. Wir fliegen mit dem Lufthansa Airbus A 340-300 „Goerlitz“. Laut Durchsage spricht das Kabinenpersonal mehrere Sprachen und „verschiedene bayerische Dialekte“. Ich mache sofort den Test: es stimmt!!
Mit einer knappen halben Stunde Verspaetung, gegen 22.07 Uhr, biegen wir ein letzes mal rechts ab. Dann gibt der Kapitaen so richtig volle Pulle Gas. Die „Goerlitz“ hebt ab. Ich verlasse heimatlichen, bayrischen Boden. Wahnsinn!!!
Lecker Lufthansa-Abendessen!!

An Bord werden wir hervorragend verpflegt. Nur ein bisschen kalt ist es, trotz Decke. Da die letzen beiden Tage fuer mich sehr stressig waren, schlafe ich mehrmals ein.
Irgendwann gibt es Fruehstueck. Kaum ist die Crew mit dem Einsammeln der Reste fertig, geht es in den Sinkflug.
Wir landen in Sao Paulo zu einem vierstuendigen Zwischenaufenthalt. Ich drehe meine Uhr um vier Stunden auf 5 Uhr morgens (Ortszeit Sao Paulo) zurueck.
Am „International Airport Sao Paulo“ ist stimmungsmaessig der Hund verreckt und so habe ich drei Stunden Zeit, meine gehamsterten Zeitungen zu lesen. Endlich duerfen wir, nur 45 Minuten verspaetet, in unsere TAM-Maschine. Es gibt leckeres Fruehstueck und ich mache die obligatorischen ueber-den-Wolken-Bilder. Jetzt ist es ja Tag und man sieht wieder was!

Mit der erwaehnten Verspaetung landen wir zwei Stunden spaeter am „International Airpot Asunción“. Asunción ist die Hauptstadt von Paraguay. Ich drehe meine Uhr nochmals eine Stunde zurueck. Jetzt sind es fuenf Stunden Differenz zu Deutschland.
Das Gepaeck kommt relativ schnell und sogar vollstaendig. Letzteres ist angeblich nicht immer der Fall; wir haben anscheinend Glueck. Auch die Visa-Formalitaeten dauern nicht lange.

Dann der grosse Moment: Die Schiebetuer geht auf – und da stehen sie: unsere Gastpapas!!
Dank Facebook sind die Gesichter gegenseitig bekannt und so finden wir uns leicht. Auch Daniel, ein weiterer MaZ-Kollege, ist da. Er spricht schon bestens spanisch und kann die ersten Barrieren ueberwinden helfen. Dank seiner koennen wir ausmachen, dass wir uns abends noch treffen.
Ich mache erste Erfahrungen mit paraguayanischen Strassen und den landestypischen Verkehrsgepflogenheiten. Dazu vielleicht ein andermal mehr.

Zuhause erwartet mich schon die ganze Familie: Mama, Zwillingsschwestern, Oma und natuerlich der kleine Fiffi. Es gibt Willkommenskaffee und ich beziehe mein Zimmer nebst eigenem Bad. Ich packe erst mal ein bisschen aus und schlafe eine Runde.
Nach dem Abendessen faehrt mich mein Gastpapa ins nahegelegene ShoppingCenter. Philipp, Daniel und ich drehen eine Runde durch diesen „Glaspalast des Konsums“. Ich erstehe einen Block, da ich meinen irgendwie zu Hause vergessen habe.
Ich wechsle 50 Euro in paraguayanische Guarannies (1 EU = 5200 PGU). Davon erstehe ich ein Eis und spaeter noch ein Bier. Von Daniel, der schon zwei Wochen da ist, gibt es erste wichtige Tipps. Gegen halb zwoelf gesellen sich unsere Gastpapas zu uns. Um halb eins liege ich, voll mit unterschiedlichsten Impressionen der Anreise, in meinem Bett.

DAS also war mein Anreisetag: vom Aufraeumen zu Hause ueber 12,5 Stunden Flug, 4 Stunden Zwischenaufenthalt und nochmal 2 Stunden Flug, der Ankunft in Asunción und bei der Gastfamilie bis hin zum abendlichen Ratsch bei Eis und Bier mit Daniel.
WOW!!